Der Tod hat abgeräumt, doch die Jugend hat gesiegt

Grandiose Interpretation von „Romeo und Julia“ durch die Kursstufe 12 der IGS Selters

Es war diese laszive Lust an der Zerstörung durch den Tod, dargestellt von Joana Santos Sousa Pereira und ständig begleitet von ihren devoten Dienern „Pech“ und „Schwefel“, die dem Publikum des Laienspielstücks „Tod oder Liebe – eine Romeo & Julia Story“ schnell klar machte, hier entfaltet sich ein Glanzstück jugendlicher Spielkunst. Unter der Regie und Leitung ihrer Lehrerin Tina Petereit brachten 19 Darsteller der IGS Selters ihre ganz eigene Umsetzung des zeitlos spannenden Themas der glücklosen Liebe auf die Bühne. Schon die Einzelvorstellung der Darstellenden, jede und jeder mit einem eigens von ihr und ihm ausgewählten Musikstück hinterlegt, zeugte von Kreativität und Einfallsreichtum. Im Streit zwischen den verfeindeten Familien Montague und Capulet wogten Gefühlswelten durch die Handlung, boten Lebenslust, Hass, Häme und Gewalt aber auch der leidenschaftlichen Liebe Raum, sich zu entfalten. Im hinreißenden parallel ausgetragenen Duell zwischen dem Tod und der Liebe (Joana S.S. Pereira und Anna-Lina Schulz), fand das Spiel einen Rahmen, den sehr schnell der dumpfe Gong der dunklen Macht dominierte.

Die Besucher erlebten köstliche Charaktere wie die beiden Halbstarken der jeweiligen Familien, der eine (Nikola Sieber als Mercutio) düster den Baseballschläger schwingend, der andere (Robin Kunz als Tybalt) mit einer wunderbar großspurigen Mimik, die sich in der übergroßen Sonnenbrille materialisierte. Sie wurden von einer Julia (Hannah Herberg) verzaubert, die dem ganzen Trubel im verliebten Schwebezustand entrückt schien. Romeos (Florian Sältzer) Verzweiflung über das bekannte Ende dieser literarischen Liebe war zum Greifen nah. Man könnte den Reigen der in ihre Rolle vertieften Schülerinnen und Schüler endlos weiter beschreiben, wie den nervös nestelnden Pfarrer (Jakob Oestreich), der sein immer hilfloser wirkendes Blumengesteck eins um andere Mal auf die Bühne schleppte. Dann der schüchterne Zögling der Familie Capulet, Ernesto (Melvin Fernandes), der sich mal eben in die Familienmagnatin der Gegenseite verguckt hatte (Paula Schönwetter). Am Ende konnte die scheinbar verzagte und sieglose Liebe zahlreiche zarte und freundschaftliche Bande knüpfen, ganz im Zeichen einer sehr wohl optimistischen Jugend.

Was dem so unglaublich authentisch vorgetragenen Stück jedoch zusätzlichen Charakter verlieh, war der immer wieder aufblitzende Bezug zur Jetztzeit (Krieg, Streit, Liebe, Versöhnung) auch durch die Wahl der moderne Sprache und Musik, jedoch gespickt mit den bekannten Textstellen aus der „Balkonszene“  in Shakespeare-Sprache. Eine liebevolle Bühnendekoration, eine Licht- und Tonkomposition, die sich vor den Profis nicht verstecken musste, man muss es sagen, auch wenn inflationäres Lob in Schulen nicht immer geschätzt wird, das war nicht sehr gut, diese Vorführung war exzellent, Note 1+, setzen. Nein, besser noch: weiter machen. Das ansteckende Lächeln einer überglücklichen Tina Petereit und der tosende Abschlussbeifall lassen hier auf eine Fortsetzung hoffen.

Peter Lüke (ein begeisterter Zuschauer)

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